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Phantastische Literatur

Unter dem Pflaumensee

Lionel Davidson

"Unter dem Pflaumensee" ist eines meiner absoluten Lieblingsbücher und zwar seit dem ich es das erste Mal vor über zwanzig Jahren gelesen habe. Seit dieser Zeit habe ich es unzählige Male verschlungen. Dadurch hat es mich durch mein Erwachsenwerden und mein Leben an sich begleitet. Bei jedem erneuten Lesen, hat sich mir immer wieder etwas Mehr eröffnet, vorallem Anderen jedoch der philosophische Aspekt:
"Er sagte, die Menschen oben verstünden das nicht, weil sie nie erwachsen würden.
Sie würden einfach zu schnell alt und stürben, wenn sie noch Kinder seien, mit dem Geist eines Kindes.
Er sagte, die Höhlenmenschen hätten die gleiche Art von Geist gehabt, wie die Menschen von heute, und sie hätten gedacht, sie wüßten alles.
Die Menschen hätten das immer gedacht. Und wenn man zurückblicke, sehe man, daß sie im Grunde überhaupt nichts gewußt hätten.
Alle paar Jahre lernten sie etwas neues, das alles, was sie bis dahin gewusst hätten, veränderte."

Es ist eine unglaublich phantasievolle, zum Träumen anregende Geschichte, die die Welt Egon erschafft, einen fantastischen Ort, an dem die Menschen Vergnügungskuppeln besuchen, um das Universum zu erfahren. Eine Welt in der sie Sternentau essen und ihren Verstand auf eine Art und Weise weiter entwickeln, als es wir jemals könnten und bisher auch noch nicht wirklich versucht haben. Der Grund der Ozeane der Erde ist ihr Himmel und die Menschen reisen auf Regenbögen durch die Kraft des Magnetismus.
Davidson erschafft eine Welt mit der wir uns leicht identifizieren können, obwohl - oder vielleicht gerade weil - sie so komplett anders ist, als unsere. "Unter dem Pflaumensee" ist für jedes Alter geeignet, entweder auf einem leichtherzigen oder einem tieferen philosophischen Ebene...Es ist aber auch eine Geschichte über das Erwachsenwerden und über einen Jungen, der sich von seiner Familie missverstanden fühlt...und wohl auch missverstanden ist...
 
Abschließend bleibt mir nur zu sagen: "Unter dem Pflaumensee" vereint das Leben, das Universum und alles Andere...
Bleibt nur zu hoffen, dass dieses Buch wieder neu aufgelegt wird, denn im Moment ist es nur gebraucht erhältlich, aber wer - wie auch ich - in der glücklichen Lage ist, die erste Auflage zu besitzen, wird dies - wie auch ich - sehr zu schätzen wissen. Für alle Anderen gilt: Ab in den Buchladen (ihr wisst in welchen) und kaufen!

Die Stadt der träumenden Bücher

Walter Moers

Eines meiner absoluten Lieblingsbücher ist „Die Stadt der Träumenden Bücher“ von Walter Moers.
Es ist der vierte Roman von bisher sechs Romanen von Walter Moers, der auf dem fiktiven Kontinent Zamonien spielt (die anderen sind „Die dreizehneinhalb Leben des Käpt’n Blaubär“, „Ensel und Krete“, „Rumo und die Wunder im Dunkeln“ so wie „Der Schrecksenmeister“ und die Fortsetzung des Objekts dieser Rezension "Das Labyrinth der träumenden Bücher", welche den Protagonisten wieder in die Stadt Buchhaim verschlägt)..
Besonders von Bedeutung sind für „Die Stadt der Träumenden Bücher“ die Bewohner der Lindwurmfeste, ein Volk schriftstellernder Dinosaurier. Der fiktive Autor dieses Buches, bekannt als Hildegunst von Mythenmetz (der größte Schriftsteller Zamoniens) gehört dieser Rasse an; „Die Stadt der Träumenden Bücher“ stellt das erste Kapitel seiner Autobiographie „Reiseerinnerungen eines sentimentalen Dinosauriers“ dar. Moers agiert hier als dessen Übersetzer. Soviel zur Vorgeschichte, nun zum Buch selbst: Der Dichtpate des jungen Hildegunst von Mythenmetz hinterlässt ihm nach seinem Tod ein Manuskript, das wirklich phänomenal ist. Hildegunst möchte nun den Autor dieses Manuskripts ausfindig machen und begibt sich deshalb nach Buchhaim (die titelgebende Stadt), das praktisch Mekka aller derer ist, die im Literaturbetrieb zu tun haben. Dort kommt er einer gewaltigen Verschwörung auf die Spur, die mit diesem Manuskript zu tun hat.

„Die Stadt der Träumenden Bücher“ ist nicht nur ein extrem spannender Roman, sondern auch eine fabelhaft ausgearbeitete Hommage auf die Literatur und den Literaturbetrieb unserer Welt. Es ist immer wieder erstaunlich, wie liebevoll Moers Buchhaim gestaltet hat, ohne sich dabei in den, von ihm generierten, Details zu verlieren. Besonders zu erwähnen ist auch die zamonische Literatur, in die der Leser eingeführt wird und die einige Parallelen zu unsere Literatur aufweist. Dies z.B. in den Namen der Autoren, die Anagramme von realen Autoren sind, wie zum Beispiel Gofid Letterkerl (Gottfried Keller) oder Perla la Gadeon (Edgar Allen Poe).
„Die Stadt der Träumenden Bücher“ ist im wahrsten Sinne des Wortes eine Liebeserklärung an das Medium Buch, extrem unterhaltsam, spannend und lustig geschrieben und auch, trotz des Mangels an Menschen, durchaus für Leser geeignet, die sich sonst eher weniger aus Fantasy machen.
Walter Moers ist einfach der Größte. Sein “Labyrinth der Träumenden Bücher” spielt wieder einmal auf perfide Weise mit der Mythenmetzschen Interaktion Autor – Leser. Im Grunde ist das Buch nicht nur das Vehikel der Geschichte, in welcher selbstverständlich in genialer Manier unzählige kleine Anspielungen und Verbindungen zu aktuellen und historischen Themen der Literatur und im Besonderen zu literarischen Adaptionen und multimedialem Crossmarketing eingewoben sind, sondern es ist selbst noch eine Parabel auf aktuelle Diskussionsthemen im Bereich Publikationen, besonders der Übersetzungen phantastischer Romane ins Deutsche.
Walter Moers spielt mit dem Thema der geteilten Bücher und damit auch mit den Gefühlen des Lesers. Es tut mir fast schon leid, dass ich an dieser Stelle die Warnung ausspreche, weil gerade die Warnung einen Teil der Wirkung dieses Stilmittels nimmt, dennoch möchte ich euch, die ihr diese Rezension lest, ein bisschen die Frustration nehmen, die damit verbunden ist, gegen Ende des Buches die Anzahl der Seiten schwinden zu sehen, ohne dass die Geschichte wirklich begonnen hat. Erst im Nachwort schreibt Walter Moers, der ja als Übersetzer der Mythenmetzschen Werke aus dem Zamonischen auftritt (welch genialer Streich, gerade in diesem Zusammenhang) dass es ihm leid tue, das Buch geteilt haben zu müssen. Moers schafft durch diesen Kunstgriff genau die Situation, die bei allen Diskussionen zum Thema geteilte Bücher als Quintessenz übrig bleibt. Man kann dieses Prozedere verteidigen oder angreifen. Es gibt für beide Seiten ausreichend Argumente. Was jedoch zweifelsfrei nur als Unart gesehen werden kann, ist die bewusste Desinformation seitens der Verlage. Bücher werden nicht mehr als Teile beworben, weder als Teile einer Trilogie oder eines Zyklus, noch – und schon gar nicht – als Teile eines Buches, im Zuge der Übersetzung aufgeteilt. Moers lässt den Leser ins offene Messer rennen. Kein Wort in der Bewerbung, kein Wort auf dem Umschlag, noch nicht einmal ein Vorwort. Lediglich ein, unauffällig in die dunklen Illustrationen der letzten Seiten eingebautes Nachwort, das fast nicht wahrgenommen wird. Ich hoffe, Walter Moers kann mir meine Anmaßung verzeihen, aber ich denke, dass diese Information vor allzuviel Frustration schützt und dennoch die Wirkung dieses Kunstgriffs nicht schmälert.
Genießt das “Labyrinth der Träumenden Bücher”, lasst euch in die wunderbare Welt Zamoniens entführen und grollt nicht. Freut euch einfach auf den zweiten Teil und vertreibt euch die Zeit dahin mit Träumen und Lesen. Auch wenn mir “Rumo” vielleicht ein kleines bissschen besser gefallen hat, muss  “Die Stadt der träumenden Bücher” auf meiner Favoritenliste stehen. Man kann einfach nicht besser in Worte fassen, was Bücher ausmacht. Ihren Reiz, ihren Charme und ihre Einzigartigkeit. Und darum geht es doch in der Welt zwischen den Deckeln...

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